Mittwoch, 24. Februar 2016

Die Frau und das Fahrrad

Damenradfahren im 19. Jahrhundert
http://www.cycling4fans.de/index.php?id=1251

Zitat Anfang

[...] Da verwundert es nicht, dass das Fahrradfahren von bürgerlichen Frauen mit Freude aufgegriffen wurde. Sie waren damit nicht mehr an das Haus gebunden, konnten aus der Stadt heraus fahren und Gegenden erkunden, die ihnen zuvor trotz gelegentlicher Kutschausfahrten unbekannt geblieben waren. Das Fahrrad war wendig und schnell. Sie erlebten Bewegung, Geschwindigkeit und Freiheit. Die Selbstwahrnehmung änderte sich entscheidend. Geistesgegenwart, Mut und Ausdauer wurden erfahren, Selbstständigkeit in Bewegung und Handeln eröffneten völlig neue Perspektiven.

Klar, dass solch ein Gebaren bei vielen Zeitgenossen auf heftigen Widerstand und Skepsis stieß. Etliche Ärzte sprachen Warnungen aus. Was nach herrschender Ansicht wider die Natur war, konnte nicht plötzlich gesund und empfehlenswert sein. Der anstrengende Aufenthalt im Freien und die ungewohnten Bewegungsabläufe gaben Anlass zu schlimmsten Befürchtungen. War schon bei den Männern Vorsicht geboten, welche entsetzlichen Auswirkungen mussten erst bei den Frauen angenommen werden? Wobei man ruhig unterstellen kann, dass die Warnungen mehr auf das gängige Verständnis von statthafter Weiblichkeit und Ästhetik zurückgingen als auf tatsächliches medizinisches Wissen. Die Vorteile des leichten, Überanstrengung meidenden Radfahrens wurden jedoch bald von der Mehrheit der Mediziner anerkannt. Der positive Einfluss auf Wohlbefinden, Lebenslust, Zuversicht und Gesundheit war offensichtlich. […]

Manche Ärzte warnten vor Knochendeformationen, welche die Fortpflanzungsfähigkeit der Damen auf das Schlimmste behindern könnten, Unfruchtbarkeit drohte. Es gab auch Stimmen, die genau das Gegenteil vermuteten.

Phantasien lebten auf, schon das Rittlings-Sitzen der Damen auf einem Sattel regte viele Zeitgenossen zu heftigen Überlegungen an. Die herrschende Prüderie, die dem Manne zwar gelegentliche sexuelle Freiheiten zugestand aber die Frau als tugendhaftes asexuelles Wesen zu betrachten beliebte, begünstigte Ansichten, wonach das Fahrradfahren einen verderblichen Einfluss auf die Keuschheit der Frau nahm.

Die Diskussionen um das Für und Wider des Radfahrens hinsichtlich seiner Auswirkungen auf das leibliche und geistige Wohl der Frauen offenbarte viel über Moral- und Herrschaftstrukturen, männliche Obsessionen und Ängste. Heftig wurde theoretisiert, die Frauen allerdings wurden kaum gefragt. Kein Wunder, dass bei einigen von ihnen der Eindruck entstand, dass Frauen „wie Fabeltiere behandelt werden, über die man sich Ammenmärchen erzählt.“ (Rosa Mayreder). Und ob diese Diskussion überhaupt von vielen radelnden Frauen verfolgt wurde, bleibt zumindest fraglich.

Zitat Ende

Musik zum Fahrradfahren:
https://www.youtube.com/playlist?list=PLN-ZVQ9Hc8I5ENNbAXmHuLRfwXTCL_v9L

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