Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel
von Dr. Michael Schmidt-Salomon
Antworten auf häufig gestellte Fragen
http://www.schmidt-salomon.de/ferkelfaq.htm
Frage:
Ist es nicht unverantwortlich, Religionen als Wahnsysteme darzustellen und damit lächerlich zu machen? Müssen wir die Kinder nicht vielmehr zu Toleranz erziehen? Und verlangt dies nicht vor allem den Respekt gegenüber den (religiösen) Überzeugungen anderer?
Antwort:
Zunächst eine Anmerkung zum Stichwort „Lächerlichkeit“: Ich mache Religionen nicht lächerlich, sie sind lächerlich aus sich selbst heraus – und diese genuine Lächerlichkeit zeigt sich gerade dann in besonderem Maße, wenn man in aufklärerischer, d.h. nicht-vernebelnder Weise über Religionen schreibt. Wenn Sie diese ungeschminkte Einschätzung „respektlos“ nennen wollen, ist das Ihr gutes Recht. Mit fehlender Toleranz hat dies aber nichts zu tun! Meines Erachtens beruht der ganze Ansatz der Frage auf einer problematischen Verwechslung von Toleranz, Akzeptanz und Ignoranz. Um das zu erklären, muss ich leider etwas weiter ausholen und die Begriffe voneinander abgrenzen:
Toleranz ist eine Last. Das sagt schon die etymologische Herkunft des Wortes über das lateinische tolerare, das von tolus (=„Last“) abgeleitet ist und das man mit „ertragen“, „durchstehen“, „aushalten“ oder „erdulden“ übersetzen kann. Toleranz meint die Fähigkeit, störende bzw. verstörende Formen des Andersseins oder Andershandelns erdulden zu können. Wer tolerant ist, der nimmt es hin, dass andere Menschen in unangenehmer Weise anders denken, handeln, empfinden.
Akzeptanz leitet sich demgegenüber vom lateinischen „accipere“ ab, das „annehmen“, „übernehmen“, „gutheißen“ bedeutet. Was man akzeptiert, das duldet oder toleriert man nicht nur bloß, man ist mit ihm einverstanden. So toleriere ich Homosexualität nicht nur, ich akzeptiere sie vielmehr als völlig legitimen Ausdruck menschlicher Sexualität, auch wenn ich persönlich heterosexuell veranlagt bin. Tolerieren muss ich nur, was ich nicht akzeptiere, was ich nicht respektiere, was mir vielleicht sogar im höchsten Maße lächerlich vorkommt, wie etwa die Tatsache, dass Christen im Rahmen eines rituell-kannibalischen Akts, den sie „Kommunion“ nennen, ihren Erlöser verspeisen. Nimmt man mir die Möglichkeit meinen fehlenden Respekt gegenüber solchen archaischen Praktiken in aller Deutlichkeit zu äußern, so nimmt man im gleichen Schritt Christen die Gelegenheit, erstens eine andere Sichtweise auf ihren Glauben kennenzulernen und zweitens sich in Toleranz zu üben. Gerade letzteres wäre aber dringend geboten, schließlich ist Toleranz, in diesem Fall: die Duldung der Existenz glaubensfeindlicher Überzeugungen, etwas, was gerade sehr religiösen Menschen äußerst schwer fällt (siehe etwa den Karikaturenstreit).
Der dritte Begriff, Ignoranz, geht auf das lateinische Substantiv ignorantia (= Unwissenheit, Dummheit) zurück und bezeichnet die Unfähigkeit, bedeutsame Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen. Manch einer, der tolerant erscheint, ist in Wahrheit nur ignorant, da er gar nicht die Lasten bemerkt, die er vielleicht erdulden müsste oder gegen die er sich möglicherweise sogar wehren sollte. Wer sich beispielsweise nicht darum kümmert, was innerhalb islamistischen Gruppierungen geschieht, der neigt weit eher dazu, sich in repressiver Weise tolerant zu äußern („Leben und Lebenlassen: Lasst die Leute doch machen, was sie wollen!“), als diejenigen, die einen guten Einblick in die Szene haben. Ignorante Personen sind aufgrund Ihrer fehlenden Kenntnis der zugrunde liegenden Sachverhalte nicht in der Lage, vernünftige Grenzen der Toleranz bzw. der Akzeptanz zu formulieren. Echte Toleranz setzt nämlich ebenso wie echte Akzeptanz Einiges an Sachkenntnis voraus. Bevor man vernünftig entscheiden kann, ob etwas geduldet oder vielleicht sogar akzeptiert werden kann, ist es wichtig zu wissen, um welche Sachverhalte es überhaupt geht.
Damit zurück zum Ferkelbuch: Das Buch wendet sich zunächst einmal gegen Ignoranz. Es klärt über einige sehr zentrale Glaubensinhalte der drei abrahamitischen Religionen auf (die schreckliche Eifersucht Jahwes und seine hierauf gründenden, inhumanen Strafaktionen; die vermeintliche Erlösung des Menschen durch die Hinrichtung Jesu am Kreuz und das Verspeisen des Hingerichteten im Zuge der Kommunion; die kleinlichen lebenspraktischen Vorgaben Mohammeds sowie die gewalttätige Missachtung der „Ungläubigen“ im Koran). Wenn diese Glaubensinhalte in den Auseinandersetzungen mit den Religionen ignoriert werden, führt dies zu einer falschen Akzeptanz, einem falschen Respekt gegenüber derartigen Wahnideen. So unsinnig es wäre, diese Ideen zu respektieren, so klar ist aber auch, dass wir sie tolerieren müssen, sofern die Religionen ihrerseits die Grenzen des Rechtstaates einhalten. Ferkel und Igel machen daher, obwohl sie von den Gottesdienern doch einigermaßen in die Mangel genommen wurden, keinerlei Anstalten, die Religionen verbieten zu wollen. Vielmehr erdulden, tolerieren sie die Existenz religiöser Wahnideen, denken aber - wie ich meine: aus gutem Grund! – auf diese verzichten zu können.
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